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Rechtsschutzmöglichkeiten bei gezielten Tötungen durch Drohnen

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II52 Andreas Schueller

IALANA/ZERP Kongress, „Quo vadis NATO – eine Herausforderung für Demokratie und Recht“, Arbeitsgruppe 

VI Bremen, 27. April 2013

„Rechtsschutzmöglichkeiten bei gezielten Tötungen durch Drohnen“ 

Andreas Schüller (ECCHR)

Einleitung 

Rechtsschutzmöglichkeiten für Betroffene, aber auch rechtliche Schritte von Staaten, begegnen im Falle von gezielten Tötungen durch Drohnen einer Reihe rechtlicher und politischer Herausforderungen. In der Durchführung von gezielten Tötungen durch Drohnen berufen sich Regierungen zum einen auf das humanitäre Völkerrecht, das nur bei Bestehen eines bewaffneten Konflikts anwendbar ist. Das humanitäre Völkerrecht verdrängt teilweise gesetzliche Regelungen, die in Friedenszeiten Rechtsschutz bieten könnten. Darüber hinaus erschwert die Möglichkeit für Regierungen, sich auf nationale Sicherheitsinteressen zu berufen, die Überprüfbarkeit von behördlichem Handeln und den Zugang zu Informationen hierüber. Damit ist bereits die Ermittlung einer soliden Faktengrundlage extrem schwierig. Die rechtliche Belastbarkeit einer derart begründeten Auskunftsverweigerung im Zusammenhang mit „gezielten Tötungen“ war – soweit ersichtlich – bislang nicht Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung in Deutschland.

Ziel einer strategischen Prozessführung der Betroffenen in mehreren Ländern unter Hinzuziehung einer Reihe rechtlicher Mittel könnte zumindest sein, zunächst in unterschiedlichen Staaten Entscheidungen zu Teilaspekten herbeizuführen. Dadurch könnte (rechts-) politisch die Möglichkeit eröffnet werden, hieran anknüpfende weitergehende Forderungen im Hinblick auf eine Änderung der Staatenpraxis von gezielten Tötungen auf die Agenda zu bringen und längerfristig Veränderungen zu bewirken. Die individuelle Genugtuung für Betroffene sowie die Zuweisung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit müssen gleichwohl vorrangiges Ziel strategischer Prozessführung sein. Dieses kann dadurch erreicht oder gefördert werden, dass das Unterfangen der Regierungen, in solchen Fällen Rechtsschutz zu vereiteln, unter Ausnutzung von Spielräumen in nationalen Rechtsordnungen versucht wird zu unterbinden.

Im Folgenden wird auf verschiedene Rechtsbehelfe im nationalen Recht eingegangen. Rechtsschutzmöglichkeiten vor ausländischen Gerichten oder durch den Heimatstaat werden kurz erörtert und mit Blick auf im Ausland anhängige Verfahren diskutiert. Schließlich werden internationale Rechtsschutzmechanismen und die Schwierigkeiten, diese anzurufen, dargestellt. Im Vordergrund stehen dabei gezielte Tötungen außerhalb bewaffneter Konflikte durch die USA im Rahmen der internationalen Terrorismusbekämpfung, wie etwa in Somalia und Jemen. Ob in Pakistan eine Beteiligung der USA an einem bewaffneten Konflikt vorliegt, ist umstritten.

Handelnde Hoheitsträger und Rechtmäßigkeit von gezielten Tötungen außerhalb eines bewaffneten Konflikts 

Zum Verständnis der Rechtsschutzmöglichkeiten muss zunächst grob skizziert werden, welche Hoheitsträger gezielte Tötungen planen und ausführen. Außerdem ist eine kurze Einordnung der untersuchten Rechtsschutzmöglichkeiten für Opfer und Angehörige „gezielter Tötungen“ außerhalb bewaffneter Konflikte erforderlich, um die Relevanz von Rechtsschutz, aber insbesondere auch die Schwierigkeiten, diesen durchzusetzen, besser zu veranschaulichen.

Tödliche Drohnenangriffe werden momentan auf zweierlei Weise realisiert: Durch Geheimdienste oder durch Streitkräfte. Der Hauptgrund hierfür liegt darin, dass Streitkräfte nur im bewaffneten Konflikt tätig werden, Geheimdienste aber vor allem im Bereich der Gefahrenabwehr, etwa im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die Unterscheidung zwischen dem Vorliegen eines bewaffneten Konflikts und Gefahrenabwehr- oder Strafverfolgungsmaßnahmen ist allerdings von zentraler Bedeutung, da im bewaffneten Konflikt das Rechtsregime des humanitären Völkerrechts anwendbar ist, der anderes Recht teilweise verdrängt. Insbesondere gelten für gezielte Tötungen als Kriegshandlungen im humanitären Völkerrecht niedrigere Schranken als für die Anwendung tödlicher Gewalt durch Polizei und andere zivile Sicherheitskräfte. Ein grundlegendes Problem besteht jedoch in der Vermischung dieser beiden Rechtssysteme durch die USA, die ihren „globalen Krieg gegen den Terror“ als bewaffneten Konflikt verstehen, in dem der internationale Terrorismus weltweit bekämpft wird.

Die meisten nationalen Rechtsordnungen ziehen für die Tötung einer Person sehr enge Grenzen. Die gezielte Tötung und mithin die Auswahl und Planung der Tötung einer bestimmten Person ist grundsätzlich nicht erlaubt. Polizeirechtlich ist der finale Rettungsschuss akzeptiert, wenn eine gegenwärtige Lebensgefahr oder gegenwärtige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit vorliegt. Eine gegenwärtige Gefahr ist definiert als eine Sachlage, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Außerdem hat jedermann in einer Notwehrsituation, das heißt, wenn sie oder er sich eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs auf Leib oder Leben gegenübersieht, das Recht, als letzten Ausweg letale Gewalt anzuwenden. Tötungen in diesen Kontexten sind jedoch nicht von langer Hand geplant, sondern eine Reaktion auf eine gegenwärtige Gefahrensituation. Gezielte Tötungen mittels Drohnen lassen sich hingegen in der Regel nicht derart rechtfertigen. Es liegt in dem typischen Fall einer gezielten Tötung von Terrorismusverdächtigen im Ausland keine konkrete, nicht anders abwendbare Gefahr einer Verletzung von Leib oder Leben vor, da selbst bei Bestätigung terroristischer Absichten noch eine Vielzahl von Zwischenschritten bis zur Tatverwirklichung erforderlich sind.

Verwaltungsrecht – Behörden und Verwaltungsgerichte

Betroffene können sich an die Behörden wenden, um Auskunft über behördliches Handeln zu erhalten. Sollte dies verweigert oder eingeschränkt werden, sieht das deutsche Verwaltungsverfahrens zunächst ein Widerspruchsverfahren vor, bevor sich eine Klagemöglichkeit vor Verwaltungsgerichten eröffnet. Auf diese Weise kann nicht nur ein Anspruch auf Auskunft geltend gemacht, sondern auch die Festellung eines rechtswidrigen Verwaltungshandelns oder eine behördliche Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln begehrt werden. Ein verwaltungsgerichtliches Urteil kann dazu beitragen, weitere Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen, etwa zivilrechtliche Schritte auf Entschädigung. Wichtig ist aber zunächst die Ermittlung der relevanten Fakten; hierin liegt bereits eines der größten Probleme im Rahmen der gezielten Tötungen durch Drohnen. Verschiedenste Aspekte, etwa wer warum auf eine „Tötungsliste“ aufgenommen wurde, wer den Angriff befehligt und durchgeführt hat, welche Staaten und Behörden miteinander kooperiert haben oder wer eigentlich das Ziel eines Angriffes war und wer „nur“ als Beistehender getroffen wurde, sind für die Betroffenen kaum selbst zu ermitteln.

Das Problem der Informationsbeschaffung liegt nun darin, dass sich Geheimdienste und andere involvierte Behörden in Auskunftsersuchen zumeist auf ein Überwiegen nationaler Sicherheitsinteressen berufen und Gerichte dieser Ermessensentscheidung zustimmen. Angehörige haben in den USA Auskunftsersuchen an die CIA und drei Ministerien gerichtet. Diese wurden von der CIA dahingehend beantwortet, dass diese weder einräume noch verneine, Drohnenangriffe auszuführen. Eine Klage hiergegen wurden zunächst mit dem Hinweis abgewiesen, dass die Gesetze über Auskunftsersuchen eine Ausnahme beinhalten, bei Informationen, die die nationale Sicherheit gefährden, die Auskunft zu verweigern. Zuletzt hat ein Berufungsgericht in den USA die CIA aufgefordert, zumindest offenzulegen, ob die Behörde an Drohnenangriffen generell beteiligt ist. Dies ist ein kleiner Erfolg der Kläger, wobei offenbleiben muss, ob weitergehende Auskünfte erteilt werden, die den Rechtsschutz von Betroffenen stärken können. Den Hinterbliebenen eines Drohnenopfers in Pakistan oder im Jemen ist es weiterhin beinahe unmöglich, Informationen aus den USA zu erhalten, warum ihr Verwandter Ziel des Angriffes war oder ob er womöglich nur als Beistehender getroffen wurde. Entsprechende Klauseln gibt es im Übrigen auch in deutschen Gesetzen. Eine gerichtliche Klärung hat jedoch bislang nicht stattgefunden.

Weitere verwaltungsrechtliche Klagen können darauf gerichtet sein, den Staat zu einem bestimmten Handeln zu verpflichten. Erfolgreich war zuletzt eine verwaltungsrechtliche Verpflichtungsklage in Pakistan. Laut erstinstanzlichem Urteil des Gerichts in Peschawar muss die pakistanische Regierung sich nun verstärkt über diplomatische Kanäle gegenüber den USA für den Schutz seiner Staatsbürger einsetzen. Zudem wurde die Regierung dazu verpflichtet, die Möglichkeiten auf UN-Ebene auszunutzen, um die Angriffe aufzuklären. So soll zumindest sichergestellt werden, dass der Heimatstaat von Opfern alle Möglichkeiten auf diplomatischer und politischer Ebene, inklusive internationaler Streitbeilegungsverfahren, nutzt, um seine Bevölkerung zu schützen und Straftaten aufzuklären. Klagen in ähnlichen Fällen in Deutschland scheiterten jedoch daran, dass der Bundesregierung ein weiter außenpolitischer Ermessensspielraum zugestanden wurde und diese nicht auf bestimmte Handlungen auf zwischenstaatlicher Ebene rechtlich verpflichtet werden konnte. Hinsichtlich gezielten Tötungen durch Drohnen ist hierüber allerdings noch nicht entschieden worden.

Strafrecht

Trotz der oben angesprochenen Probleme in der Informationsbeschaffung verspricht das Strafrecht noch die größten Erfolgsaussichten. Denn in Ermittlungsverfahren können von staatlicher Seite, unterstützt durch die Betroffenen selbst, Beweismittel gesammelt werden. Sollten sich dadurch einzelne Tatverdächtige ermitteln lassen, könnte die Ausstellung von Haftbefehlen ein erster wirkungsvoller Schritt werden.

Staatsanwaltschaften können dann zuständig sein, wenn der Angriff auf ihrem Territorium (Territorialitätsgrundsatz) oder auf ihre Staatsbürger (passives Personalitätsprinzip) erfolgt oder aber, wenn Tatverdächtige aus dem Land kommen (aktiver Personalitätsgrundsatz) oder sich im Land aufhalten (eingeschränktes Weltrechtsprinzip). In Pakistan wurden beispielsweise Strafanzeigen seitens Betroffener erhoben und auch in Deutschland ermittelt der Generalbundesanwalt, da deutsche Staatsbürger unter den Opfern von gezielten Tötungen zu finden sind.

Ein Problem besteht darin, dass sich Beweismittel in mehreren Ländern befinden und Staatsanwaltschaften grundsätzlich erst einmal nur in ihrem eigenen Land ihre vollen Ermittlungsbefugnisse ausschöpfen können. Für Ermittlungen im Ausland bedarf es der Rechtshilfe durch den anderen Staat, die entweder darin liegt, Beweismittel zur Verfügung zu stellen oder Ermittlungspersonen eigene Ermittlungen durchführen zu lassen. Ein Rechtshilfeersuchen kann allerdings dann abgelehnt werden, wenn nationale Sicherheitsinteressen berührt sind. In der Konstellation von geopolitisch schwachen betroffenen Staaten und Ersuchen an global mächtige Staaten, gibt es für erstere auch keine diplomatischen Druckmittel, mit denen auf eine Beantwortung eines Rechtshilfeersuchens hingewirkt werden kann.

Zugang zu Zeugen besteht in mehreren Ländern, je nach dem, wo sich Zeugen befinden oder wohin sie reisen. Da Zeugenaussagen nach wie vor die wichtigsten Beweismittel in einem Strafverfahren sind, können diese zumindest dazu beitragen aufzuklären, was passiert ist und ob die Tötung rechtswidrig war. Wenn sich dann noch Zeugen mit Zugang zu Informationen aus dem Kreis der verantwortlichen Stellen an einem Ermittlungsverfahren beteiligen, kann ein zunächst aussichtslos erscheinender Fall mit der Zeit noch ein erfolgreicher werden. Menschenrechtsorganisationen können insofern wichtige Unterstützung für die Betroffenen leisten. Sie können als Anlauf- und Beratungsstelle für potentielle Zeugen aus dem In- und Ausland dienen, Kontakt zu Ermittlungsbehörden in anderen Ländern herstellen und eine Zeugenvernehmung unterstützen. Wohin diese Ermittlungen führen, insbesondere wenn es um die konkrete Bestimmung der Verantwortlichen geht, bleibt abzuwarten. Die Ausstellung von Haftbefehlen, sofern einzelne Verantwortliche ermittelt werden können, ist ein Ziel. Dennoch bleibt selbst bei Bestimmung einzelner Verantwortlicher und Vorliegen von Haftbefehlen eine Festnahme unsicher, wenn diese ihr Land nicht mehr verlassen und dieses eine eigene Strafverfolgung ablehnt. Ob und wie lange ein Land gesuchten Straftätern Schutz bietet, ob es diese ausliefert – was bei eigenen Staatsangehörigen oftmals verfassungsrechtlich nicht möglich ist – oder sie selbst strafrechtlich zur Verantwortung zieht, hängt von den Entscheidungen der Gerichte und der Regierungen der jeweiligen Länder ab.

Zivilrechtliche Haftung 

Haftungsrechtlich ist es nur möglich, jeweils vor den Gerichten in denjenigen Ländern zu klagen, gegen deren Regierung sich die Klage richtet. Klagen gegen einen Staat vor Gerichten in einem anderen Staat sind aufgrund der Staatenimmunität für hoheitliches Handeln ausgeschlossen. Aus diesem Grund kann nur in den USA selbst auf Entschädigung wegen der Durchführung von Drohnenangriffen der CIA oder der US-Streitkräfte geklagt werden. In anderen Staaten sind Klagen gegen die jeweiligen Behörden nur möglich, wenn etwa durch Informationsweitergaben eigene Amtspflichtverletzungen begangen wurden.

Das größte Problem stellt zunächst die Beweisführung dar, die grundsätzlich beim Kläger liegt. Wie oben bereits beschrieben, haben Betroffene nur sehr eingeschränkt Zugang zu Informationen über behördliches Handeln. Beweiserleichterungen könnte es insofern geben, dass ein Sachverhalt bewiesen wird, der nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Folgerung auf eine verschuldete Pflichtverletzung rechtfertigt.

In den USA ist es möglich, Zivilklagen unter Berufung auf nationale Sicherheitsinteressen, die bei Offenlegung der Informationen seitens der beklagten Behörde gefährdet wären, abzulehnen. Diese Begründung wurde unter anderem in der Klage des deutschen CIA-Rendition Opfers Khaled el Masri seitens der US-Regierung vorgebracht und vom erstinstanzlichen Gericht übernommen sowie in den beiden Berufungsinstanzen gehalten.

Zivilrechtliche Haftungsansprüche sind erst erfolgsversprechend, wenn zuvor durch verwaltungs- oder strafrechtliche Verfahren Informationen gewonnen wurden. Selbst dann bleiben offene Fragen bestehen, etwa hinsichtlich des Kostenrisikos einer zivilrechtlichen Klage, die in diesem Beitrag nicht weiter vertieft werden können.

Internationaler Rechtsschutz 

Für den individuellen Rechtsschutz kommen vor allem zwei Einrichtungen in Betracht, die Vorwürfe über eine Verletzung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) überprüfen: Zum einen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), zum anderen der UN-Menschenrechtsausschuss (UN Human Rights Committee). Zudem gibt es zwischenstaatlich weitere Möglichkeiten, zwar keinen direkten Rechtsschutz für den Betroffenen zu erreichen, aber die Völkerrechtswidrigkeit von Handlungen feststellen zu lassen und die Verantwortlichkeiten von Staaten zuzuweisen.

Was den europäischen Rechtsraum und die Beteiligung europäischer Staaten an der Zielauswahl betrifft, gibt es die Beschwerdemöglichkeit zum EGMR, wenn der nationalstaatliche Rechtsweg erschöpft wurde. Die Pflicht umfassend zu ermitteln und das Verbot, an menschenrechtswidrigen Praktiken anderer Staaten mitzuwirken, werden durch den EGMR geprüft. Die, wie oben dargestellt, eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten europäischer Staaten müssen zumindest ausgeschöpft werden, um den menschenrechtlichen Verpflichtungen der EMRK nachzukommen. Das Recht auf Leben in Artikel 2 EMRK beinhaltet dabei auch die Pflicht, Verletzungen dieses Rechts umfassend nachzugehen.

Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen überwacht die Einhaltung des UN-Zivilpakts. Auch dieser kann mit einem Fall befasst werden und eigene Ermittlungen anstellen, wenn ein Staat dem Pakt zugestimmt und die Zuständigkeit des Ausschusses anerkannt hat. Die USA haben das entsprechende Zusatzprotokoll jedoch nicht unterzeichnet, so dass gegen sie keine Beschwerde möglich ist.

Der Heimatstaat von Betroffenen kann im Rahmen des diplomatischen Schutzes förmlichen Protest gegen die Praxis gezielter Tötungen einlegen. Dies könnte verhindern, dass sich eine völkergewohnheitsrechtlich relevante Staatenpraxis herausbildet, etwa hinsichtlich von bewaffneten Drohneneinsätzen ohne Zustimmung des Territorialstaates über dessen Gebiet. Außerdem könnte der Heimatstaat Beschwerde gegen den rechtswidrig handelnden Staat einlegen, zum Beispiel sieht das Verfahren vor dem UN-Menschenrechtsausschuss eine zwischenstaatliche Beschwerdemöglichkeit vor, die in der Praxis allerdings noch nie genutzt worden ist. Zudem besteht hierbei wieder die Schwierigkeit, dass eine Vielzahl von Staaten die Zuständigkeit des Menschenrechtsausschusses nicht anerkannt haben.

Zum anderen können Staaten Beschwerden gegen andere Staaten vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag einreichen. Allerdings müssen Staaten auch hier explizit die Zuständigkeit des Gerichts anerkannt haben. Ein solches Anerkenntnis gibt es von den USA nicht. Ein völkerrechtlicher Vertrag kann zudem die zwingende Zuständigkeit des IGH als Streitbeilegungsmechanismus beinhalten. Aber selbst in letzterem Fall gibt es die Möglichkeit für Staaten eine spezielle Erklärung abzugeben, dass die Zuständigkeit nicht automatisch anerkannt wird. Etwa im Rahmen der Antifolterkonvention haben die USA einen solchen Vorbehalt erklärt. Damit ist dieses zwischenstaatliche Instrument, dass ohnehin keinen direkten Rechtsschutz für Betroffene leisten kann, in seiner Wirksamkeit sehr eingeschränkt.

Das Mittel der zwischenstaatlichen Beschwerde ist in Bezug auf Drohnen bislang von Staaten nicht genutzt worden und steht vielfach mangels Anerkennung eines bestimmten Streitbeilegungsmechanismusses durch Staaten nicht zur Verfügung.

Fazit 

Es bedarf der Unterstützung auf vielen Ebenen, vor allem der staatlichen, um Betroffenen Rechtsschutz vor gezielten Tötungen zu gewähren. Bereits der mangelnde Zugang zu behördlichen Informationen, um Verantwortlichkeiten feststellen zu können, stellt dabei die größte Schwierigkeit dar und erschwert einen effektiven Rechtsschutz erheblich. Gezielte Tötungen in der Terrorismusbekämpfung oder im bewaffneten Konflikt unterliegen nationalen Sicherheitsinteressen, die gesetzlich geregelte Ausnahmen von der Auskunftspflicht über das Handeln des Staates zulassen. Es liegt an den Gerichten zu entscheiden, wie weit eine Regierung die Ausnahmeregelung auslegen darf. Einer ausufernden Berufung auf die nationale Sicherheit und damit ein Entzug der Kontrolle staatlichen Handelns müssen sehr enge Grenzen gesetzt werden. Dies gilt ebenso für Entscheidungen über den außenpolitischen Ermessensspielraum und dessen gerichtlicher Überprüfbarkeit. Die Menschenrechte müssen hierbei eine Grenze ziehen, die staatliches Handeln beschränkt. Die Einhaltung dieser Grundsätze muss dabei einer gerichtlichen Überprüfbarkeit zugänglich sein. Strafrechtlich ist eine enge Kooperation mehrerer Staaten und die Gewährung von gegenseitiger Rechtshilfe wichtig, um Ermittlungsfortschritte zu erzielen. Sollte eine Bestimmung einzelner Täter möglich sein, könnten internationale Haftbefehle ein deutliches Zeichen für bestehenden Rechtsschutz sein. Zivilrechtliche Schritte müssen zunächst hintenanstehen und hängen von Erfolgen in verwaltungsrechtlichen Auskunftsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsergebnissen ab, die eine solide Faktenlage schaffen müssen, bevor über zivilrechtliche Verantwortung entschieden werden kann. Internationale Rechtsschutzmechanismen können als Ergänzung zu den nationalen Verfahren einbezogen werden, häufig jedoch erst nach Erschöpfung innerstaatlicher Rechtsbehelfe. Den Heimatstaaten stehen dabei nur wenige Streitbeilegungsmechanismen zur Verfügung, ihr Beitrag zur Stärkung des Rechtsschutzes betrifft vor allem die Kooperation mit anderen Staaten, die Ermittlungsarbeit ihrer eigenen Behörden und die Durchsetzung von Ansprüchen und Rechtspositionen gegenüber anderen Staaten auf diplomatischer Ebene. Betroffene, ihre Vertreter und Unterstützer, können dabei durch den strategischen Einsatz juristischer Mittel den politischen Druck erhöhen, um die Praxis gezielter Tötungen zu ändern sowie Rechtsschutzmöglichkeiten zu eröffnen und durchzusetzen.